Strafbefehl

Ein „Strafbefehl“ ist kein „Befehl“ dem man Folge zu leisten hat

Der Strafbefehl ist kein Befehl im Wortsinne – wer den gelben Umschlag aus dem Briefkasten holt und mit zittrigen Fingern liest, was ihm vorgeworfen wird, muss nicht die Hacken zusammen und sagt „Jawoll Herr Hauptmann“ – auch wenn dies faktisch viel zu oft geschieht. Denn sich einem Befehl zu widersetzen, das macht „man“ doch nicht. Sprache wirkt unbewusst. Wir nehmen Begriffe hin, ohne sie zu hinterfragen. Beim Strafbefehl wird dies besonders deutlich. Der Begriff ist bestenfalls missglückt, schlimmstenfalls bewusst gewählt, um eine größtmögliche Akzeptanz zu erreichen bzw. die Hemmschwelle zum Widerspruch zu erhöhen. Im Strafbefehl legt der Staatsanwalt dar, was er aus dem Akteninhalt entnommen hat, schätzt das Einkommen des Beschuldigten und legt daraufhin eine ihm angemessen erscheinende Strafe fest. Die Zeugenaussagen werden in der Regel nicht hinterfragt, das tatsächliche Einkommen nicht überprüft. Der Strafbefehl ist damit zunächst mal ein Angebot, eine Gesprächsgrundlage, nicht mehr und nicht weniger. Man sollte gut prüfen, und sich gegebenenfalls beraten lassen, ob dieses Angebot tatsächlich angemessen ist.

Wie verläuft ein Strafbefehlsverfahren?

Das Strafbefehlsverfahren dient der schnellen Erledigung von Fällen leichter Kriminalität. Es findet keine mündliche Hauptverhandlung mit entsprechender Beweisaufnahme statt. Der Staatsanwalt schöpft seinen Eindruck von der Tat und den Strafzumessungsgesichtspunkten also ausschließlich aus der Akte und beantragt auf dieser Grundlage eine ihm angemessen erscheinende Strafe. Die Polizei ermittelt aber in der Regel weder die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten, noch ist sie daran interessiert wesentliche Umstände die zu einer Strafmilderung führen könnten – zum Beispiel das Nachtatverhalten – zu dokumentieren. Die Akte geht dann mit dem Antrag auf Erlass des Strafbefehls an das Amtsgericht und wird dort vom Strafrichter „geprüft“. In den meisten Fällen wird der Strafbefehl ohne Änderung erlassen. Dem Angeklagten wird der Strafbefehl sodann in einem gelben Umschlag mit Postzustellungsurkunde zugestellt, damit der Zeitpunkt der Übergabe oder der Niederlegung an der Wohnanschrift nachgewiesen werden kann. Legt der Angeklagte dagegen nicht binnen 2 Wochen fristgemäß Einspruch ein, wird der Strafbefehl rechtskräftig und diese Entscheidung steht einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Nach dem Bericht des statistischen Bundesamtes Wiesbaden wurden im Jahre 2021 in Deutschland 298.328 Fälle durch Erlass eines Strafbefehls erledigt.

Ausfertigung eines Strafbefehls
Ausfertigung eines Strafbefehls

Worauf muss ich achten, wenn ich einen Strafbefehl erhalten habe?

Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat dieselbe Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil und die Einspruchsfrist beträgt lediglich 2 Wochen ab Zustellung. Der Einspruch gegen den Strafbefehl sollte schriftlich bei dem zuständigen Amtsgericht unter Angabe des Aktenzeichens erfolgen. Sie können den Einspruch auch mündlich einlegen, indem Sie zu den Öffnungszeiten persönlich bei der Geschäftsstelle des Gerichts erscheinen und diesen „zu Protokoll erklären.“ Eine Begründung des Einspruchs ist nicht erforderlich. In vielen Fällen aber sinnvoll, damit der Richter die Zielrichtung erkennt. Sie können selbstverständlich einen Rechtsanwalt mit der Einlegung des Einspruchs beauftragen.

Weiterhin ist es möglich, den Einspruch auf bestimmte Rechtsfolgen (die Rechtsfolgen insgesamt, die Tagessatzhöhe, die Dauer einer Sperrfrist bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis) zu beschränken. Zu der Frage ob dies in Ihrem Fall sinnvoll ist, sollten Sie sich kompetent anwaltlich beraten lassen.

Im Strafbefehlsverfahren gilt kein „Verschlechterungsverbot“. Der Tatrichter ist in der Hauptverhandlung also nicht an die im Strafbefehl beantragte Rechtsfolge gebunden, sondern kann darüber hinaus gehen und die Strafe erhöhen. Ein erfahrener Strafverteidiger wird Ihnen allerdings rechtzeitig bei der Einschätzung helfen, ob dies in Ihrem Verfahren droht und sodann dazu raten, den Einspruch gegen den Strafbefehl rechtzeitig wieder zurückzunehmen. Dies ist in jeder Phase des Verfahrens bis zur Verkündung des Urteils möglich. Nach Aufruf der Sache zur Hauptverhandlung allerdings nur noch mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.

Was geschieht nach dem Einspruch?

Nach einem Einspruch wird das Gericht in der Regel einen Termin zur mündlichen Hauptverhandlung bestimmen. Bis dahin können allerdings, je nach Auslastung des zuständigen Strafrichters mehrere Monate vergehen. Sofern der Einspruch begründet wurde, kann das Gericht das Verfahren aber auch an die Staatsanwaltschaft zurückgeben oder durch Urteil einstellen. Die Staatsanwaltschaft kann den Strafbefehl auch zurücknehmen. In aller Regel wird jedoch eine mündliche Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme durchgeführt.

In der Hauptverhandlung nach Einspruch gegen den Strafbefehl müssen Sie nicht selbst erscheinen, wenn Sie sich durch einen mit einer Vollmacht versehenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Ist es überhaupt sinnvoll Einspruch einzulegen?

Ich kann Ihnen im Rahmen der Erstberatung eine Einschätzung auf Grundlage meiner Erfahrung geben, ob die Anzahl der Tagessätze oder die Dauer der Sperrfrist in Ihrem Fall angemessen erscheint. Eine Einschätzung der Beweislage, ob es überhaupt zu einer Verurteilung kommen würde, ist erst auf Grundlage der vollständigen Akteneinsicht – nach dem Einspruch – möglich. Wenn sich nach Sichtung der Zeugenaussagen oder anderer Beweismittel in der Akte ergibt, dass eine Freispruchverteidigung keine Aussicht auf Erfolg hat und die Strafhöhe angemessen erscheint, kann der Einspruch jederzeit zurückgenommen werden. Dies hat für Sie keine negativen Folgen. Es bleibt dann bei der Strafe, auf die im Strafbefehl erkannt wurde. 

Wie berechnet sich die Tagessatzhöhe beim Strafbefehl? 

Ob die bei Ihnen festgesetzte Tagessatzhöhe angemessen ist, können Sie leicht selbst ermitteln: Sie ziehen von Ihrem Nettoeinkommen alle Unterhaltsverpflichtungen, sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab und teilen das Ergebnis durch 30. Dies ergibt den Betrag der Ihnen tatsächlich täglich zur Verfügung steht und damit die korrekte Tagessatzhöhe. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Verurteilung, nicht der Zeitpunkt der Tat. Da dem Staatsanwalt diese Informationen bei dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls in der Regel nicht vorliegen, wird das Einkommen geschätzt. Wenn Sie überdurchschnittlich viel verdienen, nicht selten zu Ihrem Vorteil. In diesem Fall sollten Sie keine Angaben zu Ihren tatsächlichen Einkommensverhältnissen machen. Das Schweigerecht kann hier viel Geld einsparen. 

Bei Hartz-4 Empfängern wird in der Regel die Tagessatzhöhe auf 10-15 € bemessen. 

Sofern Ihr Tagessatz aber zu hoch angesetzt wurde, weil Sie weniger verdienen als der Staatsanwalt und der Strafrichter angenommen haben, sollten Sie dies auf jeden Fall im Rahmen des Einspruchs richtig stellen. Es lassen sich auf diesem Wege bereits oft schnell und unkompliziert mehrere hundert Euro sparen.

Welche weiteren Folgen sind mit dem Strafbefehl verbunden?

Wenn Sie dazu tendieren den Strafbefehl zu akzeptieren, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass mit einer rechtskräftigen Verurteilung neben der eigentlichen Strafe auch weitere Folgen einher gehen können – wie z.B. der Eintrag im Bundeszentralregister, Einleitung berufsrechtlicher Verfahren, gewerberechtliche Folgen, verwaltungsrechtliche Folgen für Beamte, Jäger, Piloten, Fahrerlaubnisinhaber etc. Wenn Sie Bedenken haben, lassen Sie sich kompetent anwaltlich beraten bevor Sie einen Strafbefehl akzeptieren. Im Zweifel legen Sie zunächst Einspruch ein, um sich mehr Bedenkzeit zu verschaffen. Die Rücknahme des Einspruchs ist jederzeit möglich. Bei einer Rücknahme des Einspruchs vor der Hauptverhandlung bleibt es bei der ursprünglich beantragten Rechtsfolge.